Analytisches CRM im Energiemarkt: Antizipation des Kundenverhaltens


Das Management von Kundengeschäftsbeziehungen im Energiemarkt wird seit der Marktliberalisierung neu erfunden. Branchenübergreifend gilt, dass keine Kaufentscheidung motivlos ist. Die Schwierigkeit besteht darin, diese Motive zu erkennen. Der Zugang zu bestimmten sozialen Gruppen, der Wunsch monetäre Vorteile zu erzielen sowie das allgemein bestehende Bedürfnis eines komfortablen Lebensstandards können Gründe für bestimmte Kaufentscheidungen sein.
Das Schlagwort „Digitalisierung“ steht dabei sinnbildlich für die Durchdringung komplexer Transformationsprozesse, in deren Mitte neben der Datenverarbeitung und der Automatisierung von Geschäftsprozessen die vertriebliche Steuerung der Kundenschnittstelle steht. Im Energiemarkt ist der Zugewinn und langfristige Erhalt von Energiekunden mehr denn je ein wesentliches Erfolgskriterium geworden.

Identifikation verhaltensrelevanter Hotspots

Generell wird zwischen mehreren Zuständen der Kundenbindung differenziert, deren Gültigkeit empirisch verifiziert ist. Die vorhandene Kundenstruktur und die Kundenentwicklung im Stromvertrieb können als Indikatoren zur Leistungsmessung und Entwicklung von Prognosen herangezogen werden. Die Kundenstruktur signalisiert, inwieweit attraktive Kundengruppen vom Vertrieb angesprochen und ausreichend Neukunden akquiriert werden. Die Kundenentwicklung gibt die prozentuale Veränderung der Kundenzahl zwischen zwei Perioden wieder [vgl. PREIßLER, P. R. (2007), S. 262 ff.]. Kundenzufriedenheit und Kundenloyalität stehen in einem engen Zusammenhang. Da die Kundenloyalität einen positiven Einfluss auf den Unternehmenswert ausübt [vgl. GLADEN, W. (2005), S. 323], muss dieser Größe ebenfalls besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden. Das Verhalten von Energiekunden wird insbesondere durch die Eigenschaften von Energiegütern determiniert. Als Teil der Daseinsvorsorge lösen Güter wie Strom und Gas keine bis wenige Emotionen beim Kunden aus. Die Verfügbarkeit elektrischen Stroms oder Gas wird vom Verbraucher als selbstverständlich vorausgesetzt.

Der Preis als einziges Entscheidungskriterium

Die geringen Differenzierungsmöglichkeiten und der indirekte Nutzen machen das Produkt für den Endkunden daher uninteressant [Vgl. BAKAY, Z. (2003), S. 7.] (sog. Low-Interest-Product oder Low-Involvement-Product) [Vgl. KOSCHNIK, W. J. (2000), S. 299; KELLER, B./ MATZKE, S. (2000), S. 55]. Im Gegensatz zu anderen Produkten wie z. B. Fernsehgeräte oder Mobiltelefone kann der Kunde das Produkt nicht fühlen oder sehen. Der Kunde verbindet daher auch keine Emotionen mit dem Nutzen elektrischen Stroms, sondern eher mit den Funktionen der stromdurchflossenen Geräte.
Generell lässt sich daraus schließen, dass Kaufentscheidungen im Energiemarkt kaum auf die Eigenschaften des Energieproduktes, sondern vielmehr auf die wirtschaftlichen Charakteristika beziehen. Hier ist in erster Linie der Produktpreis anzuführen. Verschiedene Studien haben diesen Aspekt bereits in repräsentativen Untersuchung empirisch nachgewiesen (u. a. [PWC (2015)]).
Für Energieversorger stellt sich demnach die Frage, welche Aspekte des Kündigungsverhaltens seitens des Kunden zu berücksichtigen sind. Hier kann das analytische CRM Vertriebsorganisationen operativ bei der Steuerung von Kampagnen und Maßnahmen unterstützen, um preislich motivierte Kundenaktionen zu kontrollieren und zu beeinflussen.

Lernen, den Kunden zu verstehen – Analytisches CRM als Vertriebskonzept

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Abb.: Kundenwert im Beziehungslebenszyklus

Um eine nachhaltige, freiwillige Kundenloyalität herzustellen, gilt es das Verhalten des Kunden zu verstehen. Den Kunden zu verstehen bedeutet in diesem Zusammenhang auch gleichzeitig die Kenntnis über dessen Bedürfnisse und Ansprüche zu erlangen. Generell verfolgt das analytische CRM einen prädiktiven Ansatz, der Aufschluss über die folgenden Aspekte gibt:

  • Wahrscheinliche Kündigergruppen
  • Erkennung der Kundenbedürfnisse
  • Angebot neuer Produkte und Dienstleistungen

Ein analytisches CRM kann hierbei heterogene, dezentrale und voneinander unabhängige sowie abhängige Daten verdichten und in logische Zusammenhänge bringen. Dabei kommen moderne Analyseverfahren wie OLAP oder Data Mining zum Einsatz, mit deren Hilfe Energiekunden klassifiziert und segmentiert werden können. Dies ermöglicht eine individuelle Kundenansprache und eine optimierte Kampagnensteuerung, um bestimmten Kundengruppen (z. B. Kunden mit hohem Wert oder Kunden mit niedrigem Wert) passende Produkte und Services anbieten zu können. Ferner können mit Hilfe definierter Attribute wechselwillige Kunden im Vorfeld identifiziert und vertrieblich besonders „behandelt“ werden.

Churn Management durch analytisches CRM

Eine wesentliche Komponente zum Management potenzieller Kündiger ist die Churn Management. Technisch gesehen werden automatisierte Lernverfahren angewendet zur Differenzierung der Kunden in „Kündiger“ und „Nicht-Kündiger“. Ziel ist es, die Geschäftsbeziehungen so lange wie möglich aktiv zu halten, um den initial getätigten Akquiseaufwand in fruchtbare Erträge zu transformieren.
affinis bietet seit kurzem innovative Lösungen für das Churn Management zur Kündigungsprävention an. Informieren Sie sich über mögliche Lösungen bei uns und lassen Sie sich von der Leistungs- und Einsatzfähigkeit überzeugen.

Literatur:

  • GLADEN, W. (2005): Performance Measurement: Controlling mit Kennzahlen (3. Auflage), Wiesbaden: Gabler, 2005.
  • BAKAY, Z. (2003): Kundenbindung von Haushaltsstromkunden: Entwicklung zentraler Determinanten (Dissertation), Wiesbaden: Deutscher Universitätsverlag.
  • HIPPNER, H./WILDE, K. D. (Hrsg.) (2004): „IT-Systeme im CRM“, Springer Fachmedien, Wiesbaden.
  • KOSCHNICK, W. J. (2000): Marketing-Wörterbuch, Berlin, New York: De Gruyter.
  • KELLER, B.; MATZKE, S. (2000): Marketing-Instrumente zur Gewinnung und Bindung von Kunden, in: Wettbewerb im liberalisierten Strommarkt: Regeln und Techniken, hrsg. von Martin Kahmann / Siegfrid König, Berlin, Heidelberg: Springer.
  • PWC (2015): „Bevölkerungsbefragung Energieanbieter“.
  • PREIßLER, P. R. (2007): Betriebswirtschaftliche Kennzahlen: Formeln, Aussagekraft, Sollwerte, Ermittlungsintervalle, München: Oldenbourg, 2007.