Nutzen einer Smart-Grid Steuerung für Marktbeteiligte


Intelligente Stromnetze, Smart-Grid genannt, sollen eine kostengünstigere Alternative, gegenüber dem massiven Netzausbau, bieten, der mit steigender Dezentralisierung der Energieerzeugung dringend notwendig ist, um die Lastverteilung besser in den Griff zu bekommen. Allerdings ist der Nutzen dieser Lösung nicht für jeden Marktteilnehmer sofort eindeutig ersichtlich.

Intelligentes Stromnetz zur Lastgansteuerung

Mit dem Ausstieg aus der Kernkraftenergie und der aktiven Förderung der erneuerbaren Energiequellen, kommt es zur steigenden Dezentralisierung der Energieerzeugung durch Photovoltaik-, Windenergieanlagen und Blockheizkraftwerken. Diese Energiequellen sind nicht stetig und führen zur Spanungserhöhung am Netzanschlusspunkt, was in Bezug auf die Einhaltung von Spannungsgrenzwerten beim Endverbraucher, vor allem bei heterogenen Netzen, zu Problemen führt. Zur Lösung dieser Probleme ist eine massive Investition in den Netzausbau notwendig. [Vgl. Bauknecht, D./Koch, M./Illing, B./Ritter, S./Rüttinger, H. (2011), S. 75.]

Mit dem intelligenten Stromnetzsystem, Smart-Grid genannt, wird der Versuch unternommen, eine Alternative zu dem kostspieligen Netzausbau zu schaffen und das Stromangebot und dessen Verbrauch besser zu synchronisieren. Dabei werden die intelligenten Messsysteme für eine bidirektionale Kommunikation über ein Smart Meter Gateway eingesetzt. Durch bidirektionale Datenübertragung wird neben einer Erfassung und Versendung der Verbrauchsdaten an den Messstellenbetreiber sowie der Empfang von Signalen ermöglicht. Zur besseren Lastverschiebung können die Messstellenbetreiber hiermit im ersten Schritt die Verbraucher durch variable Tarife dazu animieren, ihren Verbrauch dem Stromangebot anzupassen und im zweiten Schritt selbst das Steuern von Haushaltsgeräten übernehmen. [Vgl. Pustka, K. (2012), S. 60f.] Dies ist eine angemessene Ergänzung zum Einspeisemanagement, bei dem das Überangebot der Erzeugungsanlagen auf bis zu 70% der Leistungsstärke reduziert werden können.

Studien des Max-Plank-Instituts haben gezeigt, dass mit Smart Metern eine dezentral organisierte Stromversorgung möglich ist. Als Messgröße für die Regelung wird die Netzfrequenz zu Grunde gelegt. Smart Meter sind in der Lage Frequenzänderungen als Messgröße zu nutzen und den Stromverbrauch der angeschlossenen Elektrogeräte zu steuern. Der Vorteil dieser dezentralen Steuerung ist zum einen in einer relativ hohen Sicherheit des gesamten Versorgungsnetzes gegenüber Sabotageakten und andererseits in der Vermeidung hoher Investitionen in eine Kommunikationsinfrastruktur begründet. [Vgl. Max-Planck-Gesellschaft (2015).]

Direkter Nutzen der Marktbeteiligte

Gesamtwirtschaftlich gesehen, lassen sich die Investitionen für den Netzausbau in Deutschland laut einer Studie der Deutschen Energie-Agentur (dena) bis 2030 durch die Einführung von Smart-Meter um bis zu 36% senken [Vgl. dena (2014), S.19-22.], was sich positiv auf die Strompreise der Endverbraucher auswirken soll. [Vgl. Greis, F. (2013).]

In der Praxis ist das Konzept noch nicht voll umsetzbar. Nur wenige Haushaltsgeräte sind Smart-Meter-Gateway kompatibel. Variable Tarife sind nach wie vor kein fester Bestandteil der Produktpolitik von Energie- und Versorgungsunternehmen und können im Moment keine Akzente zur Stromeinsparung setzen. Ferner ist das Interesse vieler Energieversorger an der Lastgangverteilung noch sehr gering, da diese zu kleinteilig erscheinen. [Vgl. Greis, F. (2014).] Vielmehr besteht die Forderung nach einem Einspeisemanagement zur Reduzierung von Investitionskosten. Aber auch hier sind die Netzbetreiber, nach einer Umfrage der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen, nicht an der Steuerung von kleinen Solaranlagen (unter 30 kWh) interessiert. [Vgl. Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (2014).]

Für den Endverbraucher wird der Smart Meter zu einem weiteren Kostenfaktor, denn nach optimistischen Kosten-Nutzen-Analysen, wird mit einem durchschnittlichen Stromkosteneinsparpotenzial von ca. 4,50 € pro Jahr gerechnet. [Vgl. Ernst & Young (2013), S. 159.] Dem gegenüber stehen die Kosten für Smart Meter für mit 23 € im Jahr. [Vgl. Stahl, Louis-F. (o. A.)]

Literatur:

  • Bauknecht, D./Koch, M./Illing, B./Ritter, S./Rüttinger, H. (2011): Nutzen von Smart Grids – Untersuchungen im E-Energy Projekt „eTelligence“, in Energiewirtschaftliche Tagesfragen 61. Jg. Heft 12, S. 75, unter: https://www.oeko.de/oekodoc/1323/2011-441-de.pdf [abgerufen am 26.04.2017, 13:12].
  • dena – Deutsche Energie-Agentur (2014): Einführung von Smart Meter in Deutschland – Analyse von Rolloutszenarien und ihrer regulatorischen Implikationen, unter: https://www.dena.de/themen-projekte/projekte/energiesysteme/dena-smart-meter-studie/ [abgerufen am 26.04.2017, 13:08].
  • Ernst & Young (2013): Kosten-Nutzen-Analyse für einen flächendeckenden Einsatz intelligenter Zähler, unter: http://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Publikationen/Studien/kosten-nutzen-analyse-fuer-flaechendeckenden-einsatz-intelligenterzaehler.html [abgerufen am 26.04.2017, 12:20].
  • Greis, F. (2013): Intelligente Stromzähler – Rasen mähen bei Vollmond, unter: www.golem.de/news/intelligente-stromzaehler-rasen-maehen-bei-vollmond-1311-102986-2.html [abgerufen am 25.04.2017, 16:14].
  • Greis, F. (2014): IT und Energiewende – Intelligenztest für Stromnetze und Politik, unter: www.golem.de/news/it-und-energiewende-intelligenztest-fuer-stromnetze-und-politik-1408-108653-2.html [abgerufen am 25.04.2017, 16:15].
  • Max-Planck-Gesellschaft (2015): Smart-Grid – Einfach selbst organisiert, unter: www.mpg.de/8913465/stromnetz-intelligent-dezentral-smart-grid [abgerufen am 25.04.2017, 15:56].
  • Pustka, K. (2012): “Smart Energy Grids”, in Seminars FI / IITM / AN SS2012, Network Architectures and Services, August 2012, S. 60-61, unter: https://pdfs.semanticscholar.org/4c65/9ed0b24493279ee867e6f57d4b1c225f2f6c.pdf [abgerufen am 26.04.2017, 12:56].
  • Stahl, Louis-F.: Intelligente Zähler – Smart-Meter wider Willen, in Bund der Energieverbraucher, unter: www.energieverbraucher.de/de/intelligente-zähler__1845/ [abgerufen am 25.04.2017, 16:16].
  • Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen (2014): Prosumer gefangen im Smart-Grid? unter: www.verbraucherzentrale.nrw/media229400A [abgerufen am 26.04.2017, 12:34].