Projektrückblick: Churn-Analyse bei einem Energieversorger (Teil 2)


In Teil 1 dieses Rückblicks auf unsere Churn-Analyse bei einem norddeutschen Energieversorger habe ich Ihnen von der Ausgangssituation berichtet und erläutert welche Herangehensweise wir gewählt haben. In diesem Abschnitt liegt der Fokus auf den Ergebnissen unserer Modellierung und den daraus resultierenden Handlungsempfehlungen.

Ergebnisse der Churn-Analyse

Das Data Mining zeigte uns, dass die Anzahl der Produkte (Verbundprodukte) sich im vorliegenden Fall signifikant vermindernd auf die Kündigungsquote auswirkt. Die Analyse möglicher Kündigungstreiber wie z. B. die Anzahl der Preisänderungsschreiben lieferte kein einheitliches Bild und lässt systematische Fehler in den vorliegenden Daten vermuten.

Unser prädiktives Modell zur Kündigungsvorhersage ist in der Lage in den Segmenten Strom und Gas über ein Viertel der tatsächlichen Kündiger zu identifizieren. Wird eine Kündigungswarnung ausgesprochen, dann ist diese relativ sicher, da das Modell eine hohe statistische Genauigkeit (Gas: 71,86% und Strom: 83,17%) aufweist.

Modellvalidierung Churn-Analyse
Abbildung 1: Modellvalidierung zur Churn-Analyse

Maßnahmenempfehlung

Ziel unserer Empfehlungen ist es,

  1. die gewonnenen Erkenntnisse im Rahmen der Kundenbearbeitung sinnvoll einzusetzen und
  2. die Prognosequalität nachhaltig zu steigern.

Datenqualität

  • Zur Verbreiterung der Datenbasis und Erhöhung der Datenqualität ist die Einführung eines CRM-Systems zu empfehlen.

Cross-Selling

  • Kunden mit Verbundprodukten neigen deutlich weniger zu einer Kündigung. Cross-Selling Maßnahmen sollten eingesetzt werden, um die Kundenloyalität zu erhöhen. Diese Maßnahmen müssen anschließend auf den gewünschten Effekt hin überprüft werden.

Kündigungs-Frühwarnsystem

  • Durch Erweiterung der Variablenbasis wäre sicherlich eine bessere präventive Erfassung der Kündiger möglich, aber bereits mit dem bestehenden Modell ist die Reduzierung der Kündigungsquoten durch Kampagnenmaßnahmen möglich. Im ersten Schritt geht es darum, die möglichen Maßnahmen monetär zu bewerten und auf Wirtschaftlichkeit zu untersuchen. Sollte Wirtschaftlichkeit gegeben sein, folgt die Validierung der aufgestellten Thesen durch Testkampagnen mit sog. Kontrollgruppen.

Fazit

Predictive Analytics-Projekte sind nicht ausschließlich darauf ausgerichtet die Güte der Prognosen in einem Unternehmen zu verbessern. Derartige Projekte sind darüber hinaus hervorragend dafür geeignet, Datenqualitätsprobleme oder prozessuale Missstände aufzudecken. Ein sehr wichtiger Erfolgsfaktor in diesem Zusammenhang ist die enge Einbindung des Auftraggebers und seiner Fachanwender. Nur wenn für diese Stakeholder die Intention des Projektes klar ist und Vertrauen in die Ergebnisse gegeben ist, besteht die Chance auf langfristiges Umdenken. Dies ist auch der Grund, warum affinis in kommenden Projekten eine abgewandelte Form des CRISP-DM nutzen wird. Im Standardvorgehen nach CRISP-DM fehlt unserer Meinung nach die benötigte Interaktion mit den Stakeholdern auf Kundenseite.

Ohne Wenn und Aber helfen prädiktive Analysemethoden Erkenntnisse über das wahrscheinliche Kundenverhalten zu gewinnen. Auf der Grundlage der Analyseergebnisse können Maßnahmen getroffen werden, um die Prognosequalität kontinuierlich zu steigern und analog dazu in der Kundenbindung besser zu werden.