Im ersten Teil des Vertragsmanagements wurden Sie näher mit der Komplexität des Vertragsmanagements und den verschiedenen Vertragsformen vertraut gemacht. In diesem Teil schauen wir uns den Vertragsmanagement Prozess und die unterschiedlichen Vertragsmanagement Phasen genauer an und gehen auf die entsprechenden Besonderheiten ein.

Die Phasen des Vertragsmanagements

Generell durchläuft das Vertragsmanagement vier Phasen: Verhandlung, Abschluss, Abwicklung und Abnahme. Vereinzelt wird hier noch eine fünfte Phase – die Datensammlung – vornan gestellt.  Ein nicht unwesentlicher Bestandteil des Vertragsmanagements ist das Vertragscontrolling, welches einen einheitlichen Informationsstand in Bezug auf die Verträge gewährleistet.

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Abb. 1: Vertragscontrolling

1. Vertragsmanagement-Phase: Die Datensammlung

Die Vorarbeiten und das Vorbereiten jedes einzelnen Vertrags sind für dessen Erfolg von zentraler Bedeutung. In einem ersten Schritt sollten die Gründe einschließlich der Bedürfnisse, Erwartungen und Ziele ermittelt werden, warum das Unternehmen Verträge erstellt. Hilfreich hierbei ist auch eine Erfassung möglicher Risiken, um für die Verhandlungsphase bestmöglich gerüstet zu sein. Für die Vorbereitung von Verträgen kann es sinnvoll sein, frühere Verträge zu durchsuchen, um eventuelle Unternehmensstandards zu finden. Auch lassen sich Lessons Learned aus vorherigen Verträgen ableiten und somit für die Zukunft vermeiden. Die richtige Auswahl kann dabei helfen, den Prozess zu optimieren und die Phase der Datensammlung zu beschleunigen.

2. Vertragsmanagment-Phase: Verhandlungsphase

Sobald die Vorbereitungen abgeschlossen sind, wird mit der Erstellung und Ausarbeitung des Vertrags begonnen. Oft wird in dieser Phase eine Absichtserklärung, ein sog. Letter of Intent (LoI), erstellt, der jedoch keine oder nur eine geringe rechtliche Bindung besitzt. Grundsätzlich besteht Vertragsfreiheit, was bedeutet, dass es innerhalb gesetzlicher Schranken zulässig ist, was vertraglich wie geregelt wird. Besonders wichtig in dieser Phase ist die Ausarbeitung von Klauseln und Bedingungen, die jedoch immer mit den Unternehmensrichtlinien konform sein müssen.

Aus der Verhandlungsphase muss ein Angebot hervorgehen, in dem die zu erbringenden Leistungen und Gegenleistungen explizit definiert sind, inklusive der Angebotsannahme durch die andere Vertragspartei. Um Spielraum für Interpretationen zu vermeiden, ist vor allem auf eine explizite Formulierung des Angebots zu achten, was diese Phase zur aufwändigsten Phase des Vertragsmanagements macht. Oft muss ein ausgearbeitetes Angebot mehrere Fachabteilungen (z.B. Controlling, Legal) innerhalb eines Unternehmens durchlaufen, bevor es an die mögliche Vertragspartei versendet wird.

Das Projektmanagement sollte in dieser Phase besonderes Augenmerk darauf richten, dass die formulierten Leistungen und Meilensteine mit denen im Projektplan übereinstimmen. Auch mögliche Pönalen sowie generelle Risiken sind zu beachten, damit der Projekterfolg nicht gefährdet wird.

3. Vertragsmanagement-Phase: Abschlussphase

Das größte Risiko besteht während der Phase des Abschlusses, da hier durch menschliche Fehler die meisten Auswirkungen entstehen können. In der Regel wird dem Angebot eine befristete Gültigkeit zugeschrieben und muss nach Ablauf dieser Frist aktualisiert werden. In einer fehlenden Kontrolle der Vertragsaktualisierungen liegt hierbei das größte Risiko, da nachverhandelte Leistungen entweder nicht erfasst oder wichtige Faktoren wie Preise und / oder Strafen, Zahlungsziele, o.ä. nicht entsprechend aktualisiert werden. Ungenaues Arbeiten kann zu enormen vertraglichen Nachteilen für eine der beiden Vertragsparteien führen.

4. Vertragsmanagement-Phase: Abwicklungsphase

Während der Abwicklungsphase erfolgt die eigentliche Prüfung der Vertragserfüllung. Neben der Speicherung des Schriftverkehrs, Abnahmeprotokollen und Gesprächsnotizen werden hier Verträge verwaltet und entsprechende Fristen und Verlängerungen dokumentiert. Zum einen gibt eine rechtzeitige Verlängerung dem Kunden das Gefühl wichtig zu sein, zum anderen wird vermieden, dass eventuelle Kündigungsfristen versäumt werden. Gerade in Bezug auf einen internen Audit ist die Speicherung einer lückenlosen Dokumentation von besonderer Wichtigkeit, da Verträge auch Jahre nach ihrer Ausführung einer Prüfung unterzogen werden können. Auch im Falle von Mängeln oder bei unzureichend erbrachter Leistung ist das schnelle Auffinden und die Speicherung sämtlicher relevanten Dokumente enorm hilfreich.

5. Vertragsmanagement-Phase: Abnahmephase

Die Abnahme einer Leistung kann nach unterschiedlichen Kriterien erfolgen. Möglich sind hier Teilabnahmen (z.B. nach Testbetrieb), die Abnahme vor Ablauf einer Garantiefrist oder die Abnahme nach Lieferung. Wichtig hierbei ist, die Abnahme zu protokolieren und offene Punkte und Mängel zu dokumentieren. Somit fällt es den Vertragsparteien im Falle einer unzureichenden Lieferung einfacher, die Behebung des Schadens oder eine Vertragsstrafe bzw. Minderung zu verlangen. Im schlimmsten Fall kann es zur Kündigung des Vertrags kommen.

Fazit

Auch wenn die Phasen des Vertragsmanagements auf den ersten Blick einfach aussehen, ist zu beachten, dass bei Verträgen mit internen Stakeholdern oft die beschriebenen Ausarbeitungen nicht existieren. Meist erfolgt die Bearbeitung auf Vertrauensbasis, da letztendlich alle Mitarbeiter im selben Unternehmen oder an einem Projekt arbeiten. Allerdings kann dies bei unzureichender oder verspäteter Leistung zu Meinungsverschiedenheiten führen, warum es wichtig ist, auch innerhalb einer Unternehmung entsprechende Vereinbarungen – sogenannte OLA’s (Operational-Level Agreement) – zu treffen. Man darf sich nicht von der Tatsache täuschen lassen, dass die Stimmung zu Vertragsbeginn gut ist und die Parteien eine entsprechende Motivation an den Tag legen. Je länger ein Projekt oder Vertrag andauert, desto größer werden die Risiken von Konflikten oder Streit. Ein professionell ausgearbeiteter Vertrag, für den man ausreichend Zeit und Mühe verwendet hat, ist daher eine sinnvolle Maßnahme, um diesen Risiken proaktiv entgegen zu treten.