Projekt Turnaround Management – Restrukturierungsphase


In unserem Beitrag „Projekt Turnaround Management – Leitlinien wurden die 6 Phasen des Projekt Turnaround Managements vorgestellt, die sich in der Praxis bewährt haben. Im Mittelpunkt steht dabei die dritte Phase, also die Restrukturierung eines Krisenprojektes. Hier wird diese Restrukturierungsphase detaillierter betrachtet.

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Abb. 1: Einordnung der Restrukturierungsphase in die Projekt Turnaround Management Leitlinien, eigene Darstellung

Restrukturierung

Die dritte Phase beschreibt das Turnaround Management im engeren Sinne. Die Lösung wird definiert und eine neue Projektstruktur etabliert. Professionelle Projektmanagementmethoden werden implementiert. Im Kern geht es in der dritten Phase darum, auf Basis der in Phase 2 gesammelten Informationen und unter Verwendung der eigenen Erfahrungen und Kompetenzen eine funktionierende Lösung für den Projekt Turnaround zu erarbeiten, frei von vermeintlichen Abhängigkeiten und Restriktionen.

Aus vielfacher Praxiserfahrung heraus sind folgende acht Schritte erforderlich:

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Abb. 2: Restrukturierungsphase – Aktivitäten, eigene Darstellung

1) Vollständige und eindeutige Scope-Beschreibung erstellen

Diese Aktivität erscheint selbstverständlich und sollte ohnehin längst erfolgt sein. Tatsächlich ist der Projekt Scope bei einem Turnaround Projekt häufig lückenhaft und nicht allgemein bekannt. Erst wenn der Scope wirklich vollständig verstanden ist, kann das Projekt ganzheitlich und erfolgreich gesteuert werden. Dazu gehören auch Verlinkungen zu anderen Initiativen in der Organisation und zu externen Partnern. Auch eine Zieldefinition, sowie die Messung der Zielerreichung anhand sinnvoller KPIs ist ein notwendiger Bestandteil.

Die vollständige und verständliche Darstellung des Scopes hilft sowohl dem Turnaround Manager bei den folgenden Aktivitäten in der Restrukturierungsphase, als auch dem Projektteam und dem Management beim Aufbau eines besseren Verständnisses über das Projekt.

2) Update des Masterplans

Der gesamte Scope muss sich in einer validen und stabilen zeitlichen Planung wiederfinden. Nur so werden Meilensteine, Liefertermine und Abhängigkeiten transparent dargestellt, sowie Auswirkungen von Maßnahmen und Verzögerungen steuerbar. Insbesondere komplexe Projekte –Turnaround Projekte zeichnen sich häufig durch hohe Komplexität aus – müssen exakt und detailliert geplant werden. Kern des Ganzen ist der kritische Pfad zur Zielerreichung, welcher im Fokus des Turnaround Managers steht.

Der Masterplan sollte auf verschiedenen Ebenen dargestellt werden. Auf der obersten Ebene als Roadmap, ideal für Management- und Team-Kommunikationen. Auf den unteren Ebenen mit steigendem Detailgrad, um die operative Steuerung des Projektes und seiner Teilprojekte zu ermöglichen.

3) Transparenz und enge Kontrolle des Budgets

Bezüglich der Projektfinanzen ist der erste und wichtigste Schritt die Herstellung von Transparenz. Konkrete und vollständige Kostenschätzungen sind die Basis für einen aussagekräftigen Business Case und eine effektive Budgetsteuerung und -bereitstellung. In der Regel ergibt diese Aktivität einen Budget Mehrbedarf, um das Turnaround Projekt retten zu können, selbst wenn an verschiedenen Stellen auch Kosteneinsparpotenziale identifiziert werden können. Haupttreiber sind hierfür ein höherer Ressourceneinsatz im Projekt, oder eine Verlängerung der Projektlaufzeit. Darauf aufbauend wird ein stringentes Controlling implementiert, um die gewonnene Transparenz zu erhalten, sowie das Projekt im neuen Kostenrahmen zu halten. Die Restrukturierungsphase bildet somit die Basis für eine finanziell stabile Situation des Projekts.

4) Delivery Approach optimieren

Dieser Schritt dürfte derjenige sein, den die meisten Verantwortlichen im Sinn haben, wenn sie einen Turnaround Manager beauftragen. Die Erwartung ist, dass dieser in der Lage ist, das Projekt zu retten. Genau in diesem Schritt (aber auch kontinuierlich im weiteren Verlauf des Projektes) werden Maßnahmen definiert, welche direkt die Delivery des Projekts betreffen. Hier können daher durchaus auch disruptive Optionen erarbeitet werden, um die Lieferung des Projekts sicherzustellen. Die Einordnung in die Restrukturierungsphase als einer von 8 Schritten zeigt allerdings, dass dies alleine nicht erfolgsversprechend sein kann, sondern nur im Zusammenspiel mit allen anderen hier beschriebenen Aktivitäten Wirkung erzielt. Konkret sind die Maßnahmen vom jeweiligen Projekt abhängig und daher nicht allgemeingültig zu benennen.

5) Lieferantenstruktur überarbeiten

Erfahrungsgemäß werden nur wenige Projekte zu 100% in-house absolviert, sondern fast immer in Zusammenarbeit mit externen Partnern und Lieferanten. In der Leistungsfähigkeit dieser externen Mitspieler, als auch in deren Motivation, sowie im Management der Schnittstellen, liegen häufig Ursachen für Missstände in einem Projekt. In diesem Schritt der Restrukturierungsphase wird die Lieferanten- und Partnerstruktur auf den Prüfstand gestellt. Es hat sich bewährt, dass die Hauptlieferanten enger gesteuert werden, ggf. durch die neu zu implementierende Rolle des Partnermanagers. In einer Extremausprägung kann dieser Schritt auch zu dem Ergebnis kommen, gewisse Lieferanten auszutauschen, um den Projekterfolg zu ermöglichen.

6) Projektstruktur anpassen

Nach den Schritten 1-5 kann die Struktur des Programms angepasst werden. Dabei empfiehlt es sich, die Programmstruktur und somit auch das Organigramm den Bedürfnissen des Projekts anzupassen, unabhängig von der vorher existierenden Struktur. Häufig sind ineffektive oder unklare Strukturen mitverantwortlich für den Misserfolg eines Projekts. Das Turnaround Management hat die Möglichkeit, das Projekt in diesem Schritt neu und mit einer funktionierenden Organisation aufzusetzen. Ebenso werden hier häufig neue Positionen geschaffen, die besetzt werden müssen. Auch harte Schnitte können erforderlich sein, wie der Austausch von Projektmitgliedern. Außerdem empfiehlt sich das Aufsetzen einer neuen und möglichst effizienten Meetingstruktur.

7) Stakeholder Management und Kommunikation intensivieren

Bei den internen und externen Stakeholdern herrscht Unsicherheit hinsichtlich der Lieferfähigkeit und des zu erwartenden Ergebnisses des Projekts. Dem Turnaround Manager bietet sich die Gelegenheit, Beziehung neu aufzusetzen. Direkte, offene und ehrliche Kommunikation schafft in dieser Phase Vertrauen. Missstände können angesprochen werden, ein Weg aus der Krise wird aufgezeigt. Die Kommunikation ins Projektteam sollte ebenfalls umfangreich und offen gestaltet werden. Das Turnaround Management – insbesondere die Restrukturierungsphase – führt bei den Projektmitgliedern zu Unsicherheit hinsichtlich zukünftiger Änderungen und der eigenen Position im Projekt. Es kommt dabei weniger darauf an, dass bereits alle Probleme gelöst sind, sondern dass die Projektmitarbeiter im kontinuierlichen Informationsfluss über den Fortschritt gehalten werden.
[Kommunikation im Change Management – Was wirklich zählt]

In die andere Richtung, also vom Team zum Projektmanagement, dient die Kommunikation dem Turnaround Manager als essentielle Informationsquelle zum Status und zur Grundstimmung in seinem Projekt. Zu einer vollumfänglichen Kommunikation gehört auch die Einrichtung eines regelmäßigen, ehrlichen und vollständigen Status Reportings.
[Operatives Reporting – elementares Steuerungsinstrument im Rahmen des Programmmanagements]

8) Professionelle Projektmanagementmethoden implementieren

Turnaround-Kandidaten ist oft zu eigen, dass professionelle Projektmanagement Methoden gar nicht oder nur unzureichend implementiert sind. Dies trägt erheblich zur Schieflage des Projekts bei. Das Turnaround Management muss die Situation und seine Position nutzen, um effektive Methoden einzuführen, unter gleichzeitiger Beachtung von größtmöglicher Effizienz (zum Beispiel kann die Anzahl von existierenden Reportings hinterfragt werden, während gleichzeitig ein eigenes Status Reporting implementiert wird, dass sich an der neuen Projektstruktur orientiert). Aus der Praxis heraus wird hier eindringlich empfohlen, für das Turnaround Projektmanagement ein schlagkräftiges PMO (Project Management Office) zu etablieren. Dieses dient einerseits dem Projektleiter als Stabsfunktion bei der Restrukturierung, kann andererseits auch die erforderlichen Projektmanagementmethoden implementieren, z.B. Reporting, Risk Management, Projektplanung, Kommunikation, Change Request Management etc. Externe Expertise kann bei der Implementierung dieser Methoden schnelle und praxiserprobte Hilfe bieten.
[Projektmanagement – wird Risikomanagement bei Ihnen gelebt?]

Die Weichenstellungen innerhalb der Restrukturierungsphase sind erfolgskritisch für ein Turnaround Projekt. Als erfahrener Partner stehen wir Ihnen gerne für die Restrukturierung Ihrer Projekte zur Verfügung.