Rolloutsteuerung im Smart Meter Umfeld mit der richtigen Projektorganisationsform


Ausgangssituation

Ich hatte in meinem letzten Blogbeitrag über die Eckpunkte des Messwesens berichtet, dass einen Rollout von intelligenten Messsystemen und modernen Messeinrichtungen für Verbraucher und Einspeiser in unterschiedlichen Zeitabschnitten zwischen dem Start des Rollouts im Jahr 2017 bis zum Ende im Jahr 2032 vorsieht. Wir sind beauftragt für einen großen Energieversorger in einem Pilotprojekt die Simulation und Erprobung des Rollouts intelligenter Messsysteme (iMSys) sowie moderner Messeinrichtungen (mME) vorzubereiten, mit dem übergeordneten Ziel gewonnene Erkenntnisse zur Optimierung des Massenrollouts anzuwenden.

Zielsetzungen

  • Überprüfung und Optimierung von bedeutenden Bestandteilen der neuen Messsystem-Prozesskette.
  • Qualitätssicherung der entwickelten IT Komponenten im Probebetrieb.
  • Praxistest der Gerätetechnologie und Kommunikation (insb. Verfügbarkeit).
  • Training für die Organisation.
  • Erkenntnisse zur Roll-Out Optimierung in Bezug auf:
    • Kundenkommunikation,
    • Prozessabläufe und
    • operativer Störfälle.
  • Gegensteuerungsmaßnahmen für den Produktivbetrieb entwickeln.

Um die Ziele zu erreichen umfasst der Auftrag auch die Planung und den Aufbau der für den Rollout notwendigen Organisation. Die Fragestellungen sind also,

1.welche Organisationsform ist für dieses Projekt am geeignetsten, um das Projektvorhaben effektiv umzusetzen?

2.wie kann man die am Projekt beteiligten Abteilungen am besten einbinden?

3 Arten von Projektorganisationen

1.Stablinien-Projektorganisation – Bei solchen Projekten ist es notwendig, dass sich die Projektleiter mit den Abteilungsleitern der involvierten Abteilungen absprechen und koordinieren, damit Klarheit herrscht bezüglich Anzahl der Projektmitarbeiter, deren Arbeitspensa für das Projekt sowie der Dauer der Projektmitarbeit.

Die Nachteile bei dieser Form der Projektorganisation sind aber, dass es oftmals eine fehlende Unterstützung für das Projekt seitens der Funktionalabteilungen gibt und die Linienarbeit Vorrang hat. Die Personal- und Führungsverantwortung für die Projektmitarbeiter verbleibt bei den Linienvorgesetzten und der Projektleiter hat in der Regel nur eingeschränkte Weisungsbefugnis über seine Projektmitarbeiter

2.Autonome bzw. reine Projektorganisation – Bei solchen Projekten werden alle Projektmitarbeiter aus ihren Abteilungen herausgezogen und vollständig der Projektorganisation zugeordnet. Dies hat den Vorteil, dass die Projektleitung fachlich und disziplinarisch weisungsbefugt ist und alle Projektmitarbeiter direkt an die Projektleitung berichten.

Diese Organisationsform bietet wiederum aber auch gewisse Nachteile. Es können höhere Personalkosten entstehen, weil je nach Projekt gewisse Projektmitarbeiter nicht voll ausgelastet und unter Umständen zu lange im Projekt verbleiben. Des Weiteren fehlen abteilungsübergreifende Fachkenntnisse, d.h. ein bestimmter Projektmitarbeiter kennt seinen Geschäftsbereich gut, während für ihn weitere Abteilungen unbekannt sind

3.Matrix-Projektorganisation – Bei solchen Projekten sind mehrere funktionale Bereiche einer Unternehmung betroffen, was eine Zusammenarbeit derselben nötig macht. Die Matrix-Projektorganisation lässt eine Verbindung der verschiedenen Unternehmensbereiche und deren Fachwissen zu. Die Projektleitung ist dabei für die Planung und Kontrolle der Projektaufgaben zuständig, während sich die Abteilungsverantwortlichen mit der Durchführung des Projekts befassen. Daraus resultieren Kompetenzüberschneidungen zwischen Projektleitung und Linie, da das Projekt zur Aufgabenerfüllung auf Ressourcen der Linie zurückgreift. Diese Projektorganisation verlangt somit eine gute Abstimmung und Zusammenarbeit von beiden Seiten, denn sie birgt ein gewisses Konfliktpotential in Bezug auf das Weisungsrecht von Projektleitung und Linie.

Die Vorteile sind

  • ein flexiblerer Ressourceneinsatz, da die Mitarbeiter im Projekt sowie in der Stammorganisation tätig sind
  • keine Konflikte durch spätere Reintegration in die Stammorganisation, da die Mitarbeiter in ihren Abteilungen verbleiben
  • Wissensaustausch zwischen Projekt- und Stammorganisation möglich

Es ergeben sich aber auch einige mögliche Nachteile:

  • Konfliktpotenzial bei unterschiedlichen Projekt- und Abteilungszielen
  • Gefahr einer Überlastung der Mitarbeiter durch die Doppelrolle in Projekt- und Stammorganisation
  • hoher Abstimmungsaufwand zwischen Projektleiter und Abteilungsleiter
  • möglicherweise werden Projektaufgaben vernachlässigt aufgrund des Tagesgeschäfts in der Stammorganisation

Aufsetzen einer effizienten Projektstruktur zur Projektsteuerung

Aufgrund der Komplexität des Projektes und der Vielzahl an Abteilungen, die in den einzelnen Prozessen eingebunden sind, haben wir den Aufbau einer Matrix-Projektorganisation empfohlen. Dabei war der Aufbau wie folgt (siehe Abbildung 1):

affinis_Abbildung_Organigramm Smart Operation Center
Abb.1: Organigramm Smart Operation Center

Es wurden entsprechende Projektteams gebildet, die in Streams organisiert und für bestimmte Aufgaben zuständig waren mit dem Ziel die Kompetenzen aus der Linie auch in den Projektteams zu nutzen.

Der Stream 1 „Customer Journey Management“ steuert die Prozesse zur Pilotkundengewinnung mit dem Ziel der Gewinnung und Betreuung geeigneter Pilotkunden entsprechend der Mengenvorgaben der Pilotplanung bei konstant hoher Kundenzufriedenheit

Der Stream 2 „WAN Planung“ steuert den WAN-Rollout mit dem Ziel die geeignete Kommunikationstechnik Breiband-Powerline und LTE in verschiedenen Regionen zu erproben und den richtigen Kommunikationsmix zu finden.

Der Stream 3 „Geräte Rollout“ steuert die Geräte-Prozesse bis zum Einbau beim Kunden mit dem Ziel die Kunden hinsichtlich der Montage vor Ort zufriedenzustellen und einen effizienten Rollout der Pilotgeräte gemäß abgestimmter Mengen, Zeiten, Orte und Qualität zu gewährleisten.

Der Stream 4 „Operations Management“ verwaltet und steuert alle iMsys der Pilotphasen mit dem Ziel der Sicherstellung einer fehlerfreien Verwaltung und Administration der iMSys sowie mME bei Pilotkunden sowie alte und neue SSG Prozesse mit den iMSys und mME zu implementieren und zur Überführung in die Linie vorbereiten.

Der Stream 5 „Smart Operation Center“ ist zuständig für die Planung und das zentrale Reporting mit den Zielen, Verwaltung der Pilotkundendaten, Implementierung eines Berichtswesens, Unterstützung beim Aufbau eines Monitorings, Fortschrittüberwachung & streamübergreifende Unterstützung.

Des Weiteren wurde ein Projektsteuerungsgremium eingerichtet mit dem Ziel den Projektfortschritt zu verfolgen, über Annahme und Ablehnung von Meilensteinergebnisse zu entscheiden sowie Konflikte um Befugnisse zwischen Projektleiter und Linie zu klären. Die relevanten Abteilungsleiter der einzelnen Streams wurden mit in das Projektsteuerungsgremium aufgenommen. Ziel war es Ressourcenkonflikte zwischen Projektaufgaben und Tagesgeschäft zu verringern, da die Abteilungsleiter ja an diesen Entscheidungen beteiligt sind. Somit ist es gelungen die Nachteile der Matrix-Projektorganisation auszubalancieren.

Die Umsetzung der starren Organisationsform wird durch nachfolgende Prozessübersicht verdeutlicht, die die Aufgabenverteilung, die enge Verzahnung der einzelnen Streams und die Abhängigkeiten der Prozessbeteiligten zeigt.

Fazit

Das Gelingen oder Scheitern großer Projekte hängt von vielen Faktoren ab. Eine strukturierte Projektorganisation trägt grundlegend zum Erfolg eines Projekts bei und ermöglicht ein effektives und effizientes Arbeiten während der gesamten Projektdauer. Welche Projektorganisationsform die richtige ist, hängt davon ab, wie stark die Wertschöpfung eines Unternehmens in Prozessen gelebt wird.

Bei Fragen zum Thema „Aufbau einer effektiven Projektorganisation“ beraten wir sie gerne.