Die Digitalisierung im Bereich der Energiewirtschaft ist immer ein Schlüsselfaktor, wenn Änderungen zur Verbesserung und Standardisierung der Marktprozesse angesprochen werden. Das gilt auch in Bezug auf den beschleunigten Lieferantenwechsel. Um eine verbraucherfreundliche Versorgung für Strom und Gas zu gewährleisten, hat der Bundestag am 24. Juni 2021 die Energiewirtschafts-Novelle verabschiedet. Ein wichtiger Punkt für die Marktteilnehmer in der Energiebranche ist hierbei die Änderung am § 20a EnWG:

„Ab dem 1. Januar 2026 muss der technische Vorgang des Stromlieferantenwechsels binnen 24 Stunden vollzogen und an jedem Werktag möglich sein.“

Mit dieser Verkürzung des Lieferantenwechsels sollen die Vorgaben der EU-Richtlinie 2019/944 umgesetzt werden. Doch was bedeutet das eigentlich für Energiedienstleister? Eins steht definitiv fest: Die Erreichung eines solchen werktäglichen Wechselprozesses ist nicht mit den derzeitigen Prozessabläufen umsetzbar.

Wie sieht der bisherige Lieferantenwechselprozess aus und was ändert sich?

Der Prozess des Lieferantenwechsels wird immer durch den Auftrag eines Kunden angestoßen. Anschließend beginnt der technische Teil des Lieferantenwechsels.

Der neue Lieferant (kurz: LfN) sendet eine Kündigung an den bisherigen Lieferanten (kurz: LfA). Dieser kann der Kündigung zustimmen oder eine Ablehnung versenden. Hierfür hat der bisherige Lieferant standardmäßig eine Frist von drei Werktagen, um alle Daten wie Name, Zählernummer und Lieferstelle zu prüfen. Seit der MaKo 2020 gibt es zudem die Möglichkeit, diese Frist auf einen Werktag zu verkürzen, indem der neue Lieferant bei der Übersendung der Kündigung angibt, dass nur eine Prüfung über die Marktlokationsidentifikationsnummer (kurz: MaLo-ID) erfolgen soll. Dank der MaLo-ID lassen sich die einzelnen Marktlokationen ganz genau zuordnen und liefern somit alle wichtigen Daten. Dieses Vorgehen setzt jedoch voraus, dass die MaLo-ID beim Auftrag vom Kunden angegeben wird und zudem in der Kündigung die entsprechende Identifikationslogik Z12 ausgewählt wurde.

Stimmt der bisherige Lieferant der Kündigung zu, muss das Datum des Lieferendes dem neuen Lieferanten und dem Verteilnetzbetreiber (kurz: VNB) mitgeteilt werden. Der bisherige Lieferant versendet dann eine entsprechende Anmeldung an den Verteilnetzbetreiber. Die Anmeldung muss entsprechend des GPKE-Kalenders mindestens zehn Werktage in der Zukunft erfolgen. Der Verteilnetzbetreiber kann der Anmeldung dann zustimmen oder ablehnen. Erst jetzt kann der neue Lieferant eine Bestätigung der Versorgung an den Kunden versenden.

Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden Prozess
Abb. 1: Prozessablauf des Lieferantenwechsels

Dieser Prozess darf zum aktuellen Zeitpunkt nicht länger als drei Wochen ab Netzanmeldung dauern. Doch mit Stichtag zum 01. Januar 2026 soll der gesamte Prozess auf nur 24 Stunden reduziert werden.

Welche Marktpartner sind vom 24h-Lieferantenwechsel zum 01. Januar 2026 betroffen?

Für den Endverbraucher soll diese Gesetzesänderung nur als Vorteil dienen und birgt somit kaum Änderungen beim aktuellen Verfahren. Die Aufgabe des Endverbrauchers ist es weiterhin, im Auftrag zum Lieferantenwechsel die richtigen Angaben zu machen. Nur auf die Angabe der MaLo-ID kann zukünftig nicht mehr verzichtet werden, wenn die 24 Stundenfrist eingehalten werden soll.

In der Gesetzesänderung wird ausdrücklich der technische Teil des Lieferantenwechsels angesprochen. Somit ergeben sich also nur Änderungen für die zuständigen Energieversorger und die Verteilnetzbetreiber. Um eine technische Umsetzung zu ermöglichen, ist es notwendig, die Systeme bei diesen drei Parteien weiter zu automatisieren und zu standardisieren. Dies klingt in der Theorie einfach, stellt die Branche jedoch vor große Herausforderungen. Um den Lieferantenwechsel zukünftig innerhalb von 24 Stunden zu ermöglichen, bedarf es nämlich einer grundlegenden und umfassenden Optimierung sowie Automatisierung der bestehenden Prozesse.

Der Weg zur Umsetzung zum 24h-Lieferantenwechsel

Viele Energiewirtschaftsunternehmen werden es nicht umgehen können, weitere Ressourcen zur Verbesserung der Systemlandschaften in Bezug auf die Wechselprozesse einzusetzen, um die Frist bis zum 01. Januar 2026 einzuhalten.

Der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, kurz BDEW, hat bereits als Grundvoraussetzung ein inhaltlich und zeitlich identisches Vorgehen in den Sparten Strom und Gas vermerkt. Auch wurde als Anhaltspunkt in diesem Zusammenhang die Weiterentwicklung mit den angrenzenden Regelungen zu dem Stammdatenaustausch festgehalten. Weiterhin notiert der BDEW als Meilenstein, dass es bis spätestens 01. Oktober 2025 einen einheitlichen und verbindlichen Austausch von Kontakt- und Kommunikationsdaten für Strom und Gas geben soll. Dies soll den Weg zum Lieferantenwechsel innerhalb von 24 Stunden ebnen und darauf aufbauen.

Die Bundesnetzagentur hat zum 14.02.2023 ein Festlegungsverfahren für den beschleunigten werktäglichen Lieferantenwechsel in 24 Stunden (LFW24) eröffnet. Die zur Konsultation gestellten Vorgaben sollen dieses Vorgehen ermöglichen und zudem die weitere Automatisierung der Prozesse im Bereich des Lieferantenwechsels fördern. Dazu werden umfangreiche Prozessänderungen in der GPKE, der MPES und WiM vorgenommen. Alleinig das Überprüfen und Durcharbeiten dieser umfassenden Vorgaben stellt Energiedienstleister derzeit vor große Herausforderungen.

Nutzen der verkürzten Frist für Endverbraucher und Energieversorger

Die Endverbraucher profitieren für sich selbst gesehen von kürzeren Fristen beim Lieferantenwechsel. Dies verhindert, dass durch Verzögerungen in den Prozessen die Anmeldefristen nicht eingehalten werden können. Für viele Energieverbraucher bedeutet dies, dass sie kurzfristig in die Grundversorgung fallen. Die Vereinheitlichung der Prozesse verringert die Möglichkeit auf eine Ablehnung, unabhängig ob diese systembedingt oder aufgrund unvollständiger Stammdaten, etwa beim Fehlen des Namens, erfolgen. Dies soll auch die Endverbraucher dazu animieren, sich nach besseren Energieangeboten umzusehen.

Für die Energieversorger und Verteilnetzbetreiber bietet der beschleunigte Lieferantenwechsel die Möglichkeit zur weiteren Prozessautomatisierung und somit zur Ressourcenreduktion. Die hohen Anforderungen an die Standardisierung, Digitalisierung und Automatisierung verringern den Einsatz von Ressourcen enorm und vermindern zudem die manuellen Aufwände, besonders in Bezug auf bilaterale Klärungen von systembedingten Ablehnungen der Wechselprozesse.

Wie kann affinis Sie unterstützen?

Die aktuellen Herausforderungen der Energieversorgungsunternehmen in Bezug auf die Digitalisierung ihrer gesamten Marktprozesse sind komplex und werden die Energiebranche noch langfristig begleiten. Dabei gilt es, immer größere Datenmengen zu verarbeiten und Digitalisierungsprojekte agil umzusetzen, um den hohen gesetzlichen Anforderungen gerecht zu werden. Hierbei ist es wichtig, dass eine entsprechende IT-Struktur als Grundlage aufgebaut und mit den vorhandenen Systemen vernetzt wird. Eine Verlagerung in die Cloud kann beispielsweise für die notwendige Flexibilität sorgen, um spätere Anpassungen leichter vornehmen und umsetzen zu können. Als Digitalisierungs- und IT-Unternehmen bieten wir Ihnen nicht nur das notwendige und aktuelle Branchen-Know-how in der Energiewirtschaft, sondern können Sie auch bei der Systemintegration und Migration unterstützen.