Nachdem das Oberverwaltungsgericht (OVG) Nordrhein-Westfalen am 4. März 2021 sein Urteil verkündet hatte, war das Chaos perfekt. Der ohnehin schon schleppend laufende Einbau von intelligenten Stromzählern – den sogenannten Smart Meter – in Unternehmen und Privathaushalten ist seitdem zum Erliegen kommen.

Nach Urteil des OVGs (Aktenzeichen: 21 B 1162/20) entsprechen die vom Bundesamt für die Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) zertifizierten Messysteme nicht den gesetzlichen Anforderungen. Das gilt konkret für die Interoperabilität der Smart Meter. Nach Auffassung des OVGs sind sie – anders als im Messstellenbetriebsgesetz (MsbG) vorgesehen – nicht ausreichend in der Lage, Daten mit anderen Systemen auszutauschen.

Die Einbaupflicht der intelligenten Stromzähler ist damit ausgesetzt. Doch was ist zu tun? Wie lange ist der Smart Meter Rollout vorerst gestoppt? Ist damit auch die „Digitalisierung der Energiewende“ vorübergehend auf Eis gelegt? Und: Gibt es Alternativen für Smart Meter?

Digitalisierung der Energiewirtschaft durch Smart Meter Pflicht

Energieversorger und Immobilienunternehmen befinden sich in einer Zwickmühle. Sollen sie trotz der Uneinigkeit des Gesetzgebers mit dem Rollout der Smart Meter fortfahren? Oder sollen sie lieber warten und damit grundsätzliches Potenzial der Digitalisierung verstreichen lassen? Zurzeit arbeitet das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BmWi) an einer Änderung des Messstellenbetriebsgesetzes, um mehr Klarheit in die Bestimmungen zum Smart Meter Rollout zu schaffen. Doch bis dahin bleibt es beim Stopp der Einbaupflicht.

Obwohl das „Gesetz zur Digitalisierung der Energiewende“ bereits 2016 auf den Weg gebracht wurde und einen verpflichtenden Einbau der Smart Meter ab 2017 vorsah, verlief der Einbau der intelligenten Messsysteme von Anfang an schleppend. Erst Ende 2019 erhielt der letzte von drei Smart Meter Herstellern die notwendige Zertifizierung vom BSI, sodass der offizielle Startschuss zum Einbau gegeben werden konnte. Innerhalb von acht Jahren sollten nun Haushalte und Unternehmen mit einem Verbrauch von über 6.000 kWh einen intelligenten Stromzähler erhalten. Eineinhalb Jahre später rückt dieses Ziel nun erneut in die Ferne.

Einbaustopp lässt Digitalisierungspotenzial verstreichen

Dabei bietet der Einbau von Smart Metern mehrere Vorteile: Für Energieversorger reduziert der Einbau der intelligenten Messsysteme den Ableseaufwand deutlich. Statt Techniker in Haushalte und Unternehmen zu schicken, können sie den Zählerstand per Fernauslese erfassen. Unternehmen, die eine große Anzahl von Immobilien besitzen, profitieren – ebenso wie die Messstellenbetreiber – von einer deutlich besseren Datenqualität durch die digitale Ablese.

Infolge des gestoppten Smart Meter Rollouts besteht nun die Gefahr, dass dieses Potenzial weiterhin brach liegt. Für Energiewirtschafts- und Immobilienunternehmen verstreicht damit wertvolle Zeit, um die Digitalisierung ihres Geschäfts voranzutreiben. Was können Unternehmen tun, um trotzdem das Potenzial der Digitalisierung für ihre Zählerauslesung zu nutzen?

Alternativen zum Smart Meter: Mobile Lösungen zur Zählerauslesung

Mobile Lösungen zur Zählerstandmessung sind eine Möglichkeit, die Zeit bis zum vollständigen Smart Meter Rollout zu überbrücken und auch zukünftig moderne Messeinrichtungen ohne Smart Meter Gateway abzulesen. Die Krux in der manuellen Zählerablesung liegt größtenteils in der schlechten Datenqualität. Oft nehmen Techniker die Zählerstände per Stift und Papier auf und übertragen diese später händisch in ein weiterführendes System. Im Nachhinein lässt sich die Richtigkeit der Daten kaum noch nachprüfen.

Apps für die Verwaltung und Disposition von Zählerstandmessungen sichern einerseits die Datenqualität und reduzieren andererseits den manuellen Aufwand. Schon jetzt können Zählerstände mithilfe von KI-gestützter Bilderkennung automatisiert erfasst werden. Außerdem müssen im Außendienst festgehaltene Daten nicht länger per Hand übertragen werden. Die Rückmeldung an das zentrale System erfolgt automatisch.

Da sich der Smart Meter Rollout selbst bei einer zeitnahen Überarbeitung des Messtellenbetriebsgesetztes noch viele Jahre hinziehen wird, lohnt sich die Investition in eine alternative Lösung. Hinzu kommt, dass ein Großteil der Haushalte in Deutschland aufgrund eines geringen Verbrauchs zukünftig lediglich moderne, aber keine intelligenten Messeinrichtungen erhalten. Daher werden auch in den nächsten Jahrzehnten weiterhin Zählerablesungen vor Ort stattfinden. Der Bedarf für Apps zur mobilen Zählerablesung wird daher selbst nach Abschluss des Rollouts bestehen bleiben.

Mobile Zählerdatenerfassung mit metrify

Wir bei affinis haben mit metrify eine Lösung entwickelt, die Unternehmen während des gesamten Prozesses der Zählerstandablesung begleitet. Von der Disposition bis zur Weiterleitung in das gewünschte Folgesystem werden alle Schritte digital in unserer App und dem dazugehörigen Web-Portal abgebildet, sodass es zu keinerlei Medienbrüchen kommt.

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Exkurs: Was sind Smart Meter?

Smart Meter sind intelligente Messeinrichtungen, die aus einem digitalen Stromzähler und einer Kommunikationseinheit (dem sogenannten Smart Meter Gateway) bestehen. Über die Kommunikationseinheit können Daten wie z.B. der Zählerstand digital an den Messstellenbetreiber übermittelt werden. Der Einbau von Smart Metern ist im Rahmen des GDEW für alle Haushalte und Unternehmen mit einem Stromverbrauch von über 6000 kWh vorgesehen.

Eine moderne Messeinrichtung besteht lediglich aus einem digitalen Stromzähler ohne Kommunikationseinheit. Er ist nicht in der Lage, Daten zu übertragen. Haushalte und Unternehmen mit einem Stromverbrauch unter 6000 kWh sollen bis 2032 einen digitalen Stromzähler erhalten, insofern sie bisher noch über einen analogen Zähler verfügen.