Die Herausforderungen eines Energieversorgers im Hinblick auf das Prozessmanagement

Energieversorger stehen vor zahlreichen Herausforderungen, um sich in einem liberalisierten aber in Teilen noch stark regulierten Markt behaupten zu können.

Dies sind unter anderem (kein Anspruch auf Vollständigkeit):

  • Ein andauernder Preiskampf im Bereich der Neukundenakquise (Vertrieb)
  • Sinkende Markenloyalität der B2C-Kunden / Steigende Wechselbereitschaft (Vertrieb)
  • Feste Erlösobergrenzen im Netzbetrieb bei ungleicher Infrastruktur (Netz)
  • Zyklische Formatumstellungen / Verpflichtende Einführung neuer Verfahren (Netz/Vertreib)

Hinzukommen „herkömmliche“ Herausforderungen beim Organisieren eines effizienten Geschäftsbetriebs, etwa Veränderungen in Bezug auf den Datenschutz, das Onboarding neuer Mitarbeiter oder der Umgang mit neuen Ideen im Zuge eines kontinuierlichen Verbesserungsprozesses.

Um diese Herausforderungen sachgerecht zu bewältigten und die Leistungsfähigkeit der Organisation zu heben, ist ein umfassendes Prozessmanagement unerlässlich. Im folgenden Beitrag werden zwei Methoden/Werkzeuge näher beschrieben, die dabei helfen das Prozessmanagement im Unternehmen effektiv und effizient aufzustellen.

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1. Prozessmanagement-Methode: Erstellen einer Prozesslandkarte

Zuerst betrachtet wird das Werkzeug/die Methode der Prozesslandkarte – diese ist im Wesentlichen eine segmentierte, hierarchisch organisierte Übersicht aller Prozesse im Unternehmen und bildet damit eine solide Basis für die Arbeit des Prozessmanagements.

Eine beispielhafte Prozesslandkarte eines Energieversorger kann wie folgt aussehen:

affinis-Prozesslandkarte-für-Energieversorgungsunternehmen
Prozesslandkarte für Energieversorgungsunternehmen

Auf der obersten, der Prozesscluster-Ebene, werden je nach den Gegebenheiten des Unternehmens Kategorien mit artverwandten Prozessen gebildet und diese mit einer eindeutigen Namenskonvention versehen, die an darunterliegende Ebenen vererbt wird.

Auf der zweiten, der Prozess-Ebene, werden sämtliche Prozesse des jeweiligen Clusters gesammelt und mit einer weitergeführten Namenskonvention versehen. Die Prozess-Ebene dient hierbei als übergeordnete Kategorie für die nächste Ebene.

Die letzte Instanz bildet die Teilprozess-Ebene, auf dieser werden die gesammelten Prozesse in einzelne Arbeitsschritte zergliedert. Nur auf dieser Ebene wird eine logische Abfolge dieser einzelnen Schritte dargestellt.

Eine solche Prozesslandkarte bietet einen strukturierten Überblick über alle bestehenden Vorgänge in der Organisation und ist damit ein gutes Werkzeug, um einen umfassenden Ist-Zustand zu erheben, auf dem Maßnahmen zur Prozessoptimierung usw. aufsetzen können. Erstellt werden kann eine solche Prozesslandkarte mit diversen Tools, affinis benutzt hierfür Signavio, MS Visio oder ARIS.

2. Prozessmanagement-Methode: Anwendung von Agilem Prozessmanagement bei Energieversorgern

Ein weiteres Werkzeug ist die Anwendung agiler Vorgehensweisen (anstatt von Wasserfall-Methoden) zum designen von neuen Prozessen oder der Prozessoptimierung. Die Anwendung agiler Methoden ist vor allem dann von Vorteil, wenn diese bereits in anderen Unternehmensbereichen benutzt werden oder ein grundsätzliches Interesse an der Einführung besteht. Sollten hingegen von Seiten der Stakeholder Bedenken gegen die Anwendung agiler Methoden vorherrschen, ist es notwendig diese im Vorfeld zu evaluieren und soweit möglich auszuräumen, um ein Gelingen des Vorhabens sicherzustellen.

Nachdem die Prozesse eines beispielhaften Energieversorgers in der beschriebenen Prozesslandkarte definiert und kategorisiert wurden, wird im nächsten Schritt ein Pilotprozess zur Optimierung, ggf. zum Re-Design ausgewählt. Idealerweise handelt es sich dabei um einen Prozess mit Berührungspunkten zu Kunden des Unternehmens, da der Kundennutzen häufig im Fokus steht. Ein möglicher Beispielprozess ist der Prozess der Rechnungslegung (Verbrauchsrechnung).

Basierend auf der SCRUM-Methodik wird der gesamte Prozess als Produkt, mitsamt Backlog der funktionalen Eigenschaften und eigenem Business-Case, definiert. Dem Produkt wird ein interner Product-Owner zugeordnet, der die Verantwortung für das Re-Design/die Optimierung trägt. Der Product-Owner wird hierbei von einem Team aus Fachleuten, dem Design-Team in Bezug auf den Rechnungslegungsprozess unterstützt. Der Methodik folgend wird in einzelnen Sprints von in diesem Fall 3 Wochen jeweils ein inkrementeller Baustein des Prozesses erarbeitet, bis ein sogenannter Minimal Viable Process – also ein Prozess, der alle Mindestanforderungen erfüllt, entwickelt ist. Dieser wird in weiteren Sprints immer weiterhin verfeinert und gemäß dem Feedback von internen und externen Stakeholdern angepasst. Die Länge der Sprints ist zu Anfang der Prozessoptimierung zu wählen und richtet sich nach den Gegebenheiten im Unternehmen (Auslastung der Mitarbeiter, Verfügbarkeit von Ressourcen,…)

Ein großer Vorteil dieses inkrementellen Vorgehens ist dass die Verbesserung des Pilotprojektes Rechnungslegung ohne große Vorab-Investition auskommt.

Ein Blick in die Zukunft

Zusätzlich zu den bereits genannten Herausforderungen, sehen sich Energieversorger auch in Zukunft weiteren Trends und Mega-Trends in ihrem Markt und der Öffentlichkeit konfrontiert.

Im Rahmen dieses Beitrags können hier nur einige Themen kurz benannt werden, das sind:

  • Der sukzessive Ausstieg aus der konventionellen Energieerzeugung
  • Der flächendeckende Roll-Out von intelligenten Messsystemen (Smart-Metern)
  • Die Umstellung von L- auf H-Gas aufgrund des Förderstopps in Westeuropa
  • Die Einbindung von Elektromobilität in das Produktportfolio
  • Die Digitalisierung der Interaktion mit B2C- und B2B-Kunden
  • Veränderungen in der Marktkommunikation durch das MsbG (Mako 2020)

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Über den Autor

Sascha Böhm

Head of Business Process Development

„Meine operative Erfahrung im BPO-Segment ermöglicht mir umfassende Kenntnisse aus dem Tagesgeschäft der Energiewirtschaft. Meine Mentalität der kontinuierlichen Verbesserung ermöglicht es mir, mich schnell und zielgerichtet in neue Herausforderungen einzuarbeiten und diese sachgerecht zu bewältigen."

Erfahren Sie mehr über Sasha Böhm im MannschaftsMittwoch.


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